Tiroler Caritas-Direktorin warnt vor "Abrüstung im sozialen Bereich"

Elisabeth Rathgeb sieht angesichts der Teuerung dringenden Handlungsbedarf - Caritas-Präsident Landau zu Ukrainekrieg: "Österreich hat hohen Grundwasserspiegel der Solidarität und Hilfsbereitschaft"

"Die militärische Aufrüstung darf nicht zur Abrüstung im sozialen Bereich führen." Das betonte die Tiroler Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb in der Tiroler Tageszeitung (Freitag). Angesichts der jüngsten Teuerungswelle sehe auch sie hier dringenden Handlungsbedarf, die Sozial- und Familienleistungen entsprechend anzupassen. Die Caritas Tirol widmet 100.000 Euro der gerade laufenden Haussammlung der Ukraine-Nothilfe und unterstützt zudem ihre Partnerdiözese Satu Mare in Rumänien, die durch ihre Nähe zur ukrainischen Grenze aktuell eine große Zahl an Vertriebenen betreut.

 

Michael Landau, Caritas-Präsident von Österreich und Europa, lobte am Donnerstag bei einem Besuch in Tirol die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen wie dem Roten Kreuz und der Diakonie sowie dem Innenministerium und das Engagement der Bevölkerung hierzulande. "Die humanitäre Hilfe ist in vollem Gange. Wir haben in Österreich einen hohen Grundwasserspiegel der Solidarität und Hilfsbereitschaft", sagte er. "Die Hilfe wird aber einen langen Atem brauchen. Es ist kein Sprint, es ist ein Marathon. Ein Hilfs-Marathon."

 

70 Prozent der derzeit in Österreich registrierten Flüchtlinge sind weiblich, 35 Prozent unter 18 Jahre alt. Es werde massive Anstrengungen im Bereich der Kinderbetreuung, bei der Integration in den Arbeitsmarkt sowie bei der psychosozialen Betreuung brauchen. Landau betonte jedoch auch, dass dabei nicht auf die Menschen in Not in Österreich vergessen werden dürfe. "1,2 Millionen sind armutsgefährdet, davon 291.000 Kinder und Jugendliche. Es braucht daher eine grundsätzliche Reform der Sozialhilfe, die sich an den realen Kosten orientiert", forderte der Caritas-Präsident.

 

Tausende Freiwillige vor Ort im Einsatz 

Zur Hilfe vor Ort in der Ukraine führte Landau aus, er stehe in regelmäßigem Kontakt mit seiner Amtskollegin Tetiana Stawnychy. "1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas Ukraine sowie Tausende Freiwillige sind weiterhin vor Ort im Einsatz", berichtete er. "Sie gehen in den Gefechtspausen aus den Bunkern und Kellern, um zu helfen", beschrieb er die Lage. "Der Krieg in der Ukraine ist eine Niederlage für die Menschheit und die Menschlichkeit."

 

Und dennoch - oder gerade deshalb: Mehr als 140.000 Menschen in der Ukraine haben seit Kriegsausbruch über das Caritas-Netzwerk Hilfe erhalten, 10.000 werden täglich mit einer warmen Mahlzeit versorgt, 2000 konnten in sicheren Unterkünften außerhalb der umkämpften Städte untergebracht werden. Die Caritas in Europa hat bisher rund 18 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. "Wir bleiben bei den Menschen und fokussieren uns auf die Hilfe." Landau erinnerte an den Caritas-Leitspruch "Not sehen und helfen".

 

Wie sehr vor allem Kinder unter dem Krieg leiden, zeigen jüngste Zahlen des UN-Kinderhilfswerks UNICEF: Mehr als die Hälfte aller Kinder in der Ukraine sind demnach seit dem Beginn der russischen Invasion vertrieben worden. UNICEF schätzt rund 4,3 Millionen Vertriebene unter den 7,5 Millionen Kindern des Landes. Davon seien mehr als 1,8 Millionen als junge Flüchtlinge in Nachbarländern, während 2,5 Millionen in der Ukraine geblieben seien. Das UN-Menschenrechtsbüro hat seit Kriegsbeginn gesicherte Informationen zu 81 getöteten und 108 verletzten Kindern gesammelt. Die tatsächliche Zahl dürfte viel höher sein.

 

Eine Meldung von www.kathpress.at