Suizidbeihilfe: Bischofskonferenz bleibt bei Ablehnung

Erzbischof Lackner: Hoffnung und Auftrag, dass Sterbeverfügungsgesetz "im besten Sinne totes Recht wird, wenn es uns als Solidargemeinschaft gelingt, dass niemand in Österreich das Bedürfnis hat, es in Anspruch zu nehmen" - Bischof Glettler enttäuscht, dass viele Verbesserungsvorschläge nicht berücksichtigt wurden

Die Österreichische Bischofskonferenz bleibt bei ihrer Ablehnung der mit Jahresbeginn gesetzlich erlaubten Suizidbeihilfe. "Grundsätzlich können wir mit dem neuen Gesetz nicht zufrieden sein, obwohl wir die Mühe des Gesetzgebers erkennen, die Menschen vor Übereilung und Irrtum zu schützen und die Möglichkeiten der Suizidprävention zu verankern." Das erklärte Erzbischof Franz Lackner am Freitag gegenüber Kathpress, nachdem am Donnerstagabend der Nationalrat die neuen gesetzlichen Regelungen bei der Mitwirkung zur Selbsttötung beschlossen hatte. Er hoffe, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz, dass das Sterbeverfügungsgesetz "im besten Sinne totes Recht wird, wenn es uns als Solidargemeinschaft gelingt, dass niemand in Österreich das Bedürfnis hat, es in Anspruch zu nehmen".

 

Der Salzburger Erzbischof stellte klar, dass der bislang geltende österreichische Konsens bereits durch die Entscheidung vom Verfassungsgerichtshof im Dezember 2020 verlassen wurde. Mit der straffrei gesetzten Beihilfe zum Suizid sei das bis dahin in Österreich geltende absolute Tötungsverbot am Lebensende aufgehoben worden. "Ich teile die berechtigten Sorgen vieler, die mit diesem Gesetz den ersten Schritt einer Dynamik befürchten, die den Schutz vulnerabler Menschen immer weiter aushöhlt", sagte der Episkopats-Vorsitzende.

 

Enttäuscht reagierte auch der für Lebensschutz zuständige Bischof Hermann Glettler, weil eine Fülle von Verbesserungsvorschlägen aus dem Begutachtungsprozess nicht berücksichtigt worden sind wie etwa die verpflichtende psychiatrische Abklärung oder die Korrektur der irreführenden Begriffsbestimmungen: "Extrem bedauerlich ist, dass nicht einmal die im Gesetz vorgesehene Mindestbedenkzeit von 12 Wochen verbindlich vorgeschrieben wurde. Dazu hat der politische Mut gefehlt", so der Innsbrucker Diözesanbischof gegenüber Kathpress. So hätten Psychiater mehrfach gefordert, dass gerade bei psychischen Erkrankungen eine Mindestbedenkzeit von sechs Monaten festgelegt werden müsste, da Suizidgedanken aus Erfahrung in den meisten Fällen ambivalent und temporär sind: "Ohne Mindestbedenkzeit erfüllt das Gesetz nicht die Vorgabe des Verfassungsgerichtshofes, der die Straffreiheit der Suizidassistenz an das Vorliegen eines dauerhaften Willensentschlusses geknüpft hat."

 

Bischof Glettler anerkannte die sichtbaren Bemühungen des Gesetzgebers, einen Rahmen zu schaffen, der Menschen mit Suizidgedanken vor Übereilung und Irrtum schützen soll und den staatlichen Auftrag der Suizidprävention absichern soll. Er dankte allen, die sich nach Kräften für eine restriktive, möglichst suizidpräventive Regelung eingesetzt haben. Als Beispiele dafür nannte er die Beschränkung der Zielgruppe von Personen, die eine Suizidassistenz in Anspruch nehmen dürfen, und die vorgeschriebene Konsultation von zwei Ärzten, die auf die Alternativen zum Suizid aufmerksam machen müssen.

 

Eigentlich eine "Suiziderklärung"
Als "wesentliches Manko" wertete der Bischof die Bezeichnung des neuen Gesetzes. Das neue Gesetz sollte ehrlicherweise "Suiziderklärung" und nicht "Sterbeverfügung" heißen, so Glettler. "Es geht doch nicht um das Sterben, diese kostbare, letzte Phase unseres Lebens, das Gesetz regelt die Beihilfe zur Selbsttötung". Schon heute würden die Hospizeinrichtungen einen massiven Aufklärungsbedarf melden, weil der Begriff "Sterbeverfügung" falsch verstanden werde. "Es ist mir unverständlich, dass auf diese von zahlreichen, völlig unterschiedlichen Expertenforen geforderte Änderung nicht eingegangen wurde", betont Glettler und verweist auf die Stellungnahmen der Österreichischen Bioethikkommission, des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags und der Österreichischen Gesellschaft für Suizidprävention. 

 

Für die Kirche ergebe sich "trotz der eigenen Fehlerhaftigkeit" laut Erzbischof Lackner "nun umso mehr der Auftrag, sich dafür einzusetzen, dass sich jeder Mensch von Gott geliebt weiß und sich seines Wertes im Leben bewusst ist". Dies müsse für jeden einzelnen Menschen unabhängig von persönlichem Erfolg, Gesundheit oder anderen Leistungskriterien gelten.

 

"Der Auftrag Jesu verpflichtet uns, den Schwächsten in der Gesellschaft mit besonderer Sorgfalt beizustehen. In gleicher Weise sind wir aber ebenso verpflichtet, niemanden zu verurteilen, der aufgrund einer subjektiv empfundenen Ausweglosigkeit sein Leben selbst beendet", gab Bischof Glettler in diesem Zusammenhang zu bedenken und sagte: "Dennoch müssen wir aufgrund der neuen Gesetzeslage befürchten, dass sich das Selbstverständnis von Begriffen wie Würde, Hilfe und Barmherzigkeit massiv verändern wird." Für eine humane Gesellschaft müsse jedoch gelten, "dass wir in jeder Hinsicht Assistenz zum Leben leisten sollen und nicht Hilfe zur Selbsttötung".

 

Der Nationalrat hatte am Donnerstagabend mit großer Mehrheit die neue Regelung für die Sterbehilfe beschlossen. Ab dem Jahr 2022 können dauerhaft schwer oder unheilbar Kranke, die Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen wollen, eine Sterbeverfügung errichten. Weiterhin strafrechtlich verboten ist die Tötung auf Verlangen.

 

Eine Meldung von www.kathpress.at