Mit Selbstfürsorge seelisch gesund durch den Lockdown

Der neuerliche Lockdown lastet vielen Menschen schwer auf der Seele. Es gilt, gut für sich zu sorgen, um die Krise zu überstehen. Zur Selbstfürsorge gehört auch, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

„Ein erneuter Lockdown, wie soll ich das bloß überstehen?“ – „Im Frühling ging es ja noch, aber jetzt habe ich einfach keine Kraft mehr …“ – „Ich weiß wirklich nicht, wie sie sich das vorstellen! Kinder, Homeoffice, keine Hilfe von außen und kein Ende in Sicht. Mir ist zum Heulen.“ So und ähnlich klingen derzeit die Beratungsgespräche bei der Telefonseelsorge. Meist geht es darin um den neuerlichen Lockdown und seine Auswirkungen auf Berufs- und Privatleben. Schon vor dem 13. November waren die Akkus vieler Menschen nur mehr halb voll oder fast leer. Wie also gut durch die nächsten zwei Wochen kommen? 

 

Astrid Höpperger, die Leiterin der Telefonseelsorge Innsbruck, betont, wie wichtig es in der momentanen Situation ist, besonders gut auf sich zu schauen. „Selbstfürsorge sollte zur täglichen Routine werden. Das Für-sich-selbst-Sorgen ist dabei nicht mit Egoismus gleichzusetzen. Denn nur, wenn man sich selbst wohl fühlt, ist man gut in der Lage, auch für andere da zu sein. Wir sind widerstandsfähiger, wenn wir unsere Bedürfnisse wahrnehmen und sie so gut als möglich stillen. Körperliche Grundbedürfnisse wie Essen, Schlafen, Trinken und ausreichende Bewegung sind vorrangig zu behandeln“, so Höpperger. 

 

Selbstfürsorge – wie geht das?  

Sieben Tipps der TelefonSeelsorge, wie Sie in Krisenzeiten gut für sich sorgen.

Eigene Bedürfnisse wahrnehmen und akzeptieren 

Hilfreiche Fragen dabei sind beispielsweise: Wie geht es mir in diesem Moment? Wie fühle ich mich? Was tut mir jetzt gut? Es gilt, einen achtsamen Blick auf sich selbst und den eigenen Körper zu entwickeln und zu spüren, was gebraucht wird. Das kann ein kleiner Moment der Entspannung sein, wenn ich morgens ungestört die erste Tasse Kaffee trinke. Das kann heißen, bewusst wahrzunehmen, dass mein Körper Durst hat, und dann ausreichend zu trinken. Das kann bedeuten, den Medienkonsum drastisch zu reduzieren und nur mehr drei Mal täglich die aktuelle Corona-Situation zu recherchieren. 

Achten Sie auch bei Ihren sozialen Kontakten auf Ihre Bedürfnisse: Welche Begegnungen tun Ihnen gut? Welche kosten Kraft und könnten reduziert werden?

Feste Strukturen etablieren  

Routine gibt Kontrolle über das eigene Leben. Zudem bekommen die Tage Struktur, wenn sie mit guten Gewohnheiten gefüllt werden. Mögliche Routinen zum Beispiel nach dem Aufstehen könnten sein: aufstehen, das Bett machen, Morgentoilette, zehn Minuten meditieren/turnen/Yogaübungen machen, frühstücken. Auch ein täglicher Spaziergang oder ein Nachmittagskaffee mit einer süßen Kleinigkeit können gute Rituale sein, auf die man sich freut. Wichtig ist es, die Tage zu planen. Tägliche Fixpunkte sollten neben Homeoffice und etwaiger Kinderbetreuung Bewegung, sozialer Austausch, kurze Entspannungsrituale, Mahlzeiten und geregelte Schlafenszeiten sein. 

Bewegung an der frischen Luft, gesunde Ernährung, geringer Alkoholkonsum  

Körperliche und psychische Gesundheit sind eng miteinander verwoben. Ein gesunder Körper kann widrigen Lebenssituationen besser standhalten als ein geschwächter. Achten Sie auf ausgewogene, vitaminreiche Ernährung. Schlingen Sie Ihre Mahlzeiten nicht im Stehen oder zwischen Tür und Angel hinunter, sondern nehmen Sie sich bewusst Zeit dafür. Decken Sie den Tisch, essen Sie von Tellern und nicht aus Take-away-Kartons. Trinken Sie ausreichend, begrenzen Sie den Konsum von zuckerhaltigen Getränken, Kaffee oder Alkohol. Sie brauchen Ihren Körper, achten Sie ihn und gehen Sie liebevoll mit ihm um. Das gilt auch für die Körperpflege. Nehmen Sie sich Zeit dafür und machen Sie ein entspannendes Ritual daraus, auch wenn Ausgangssperre und Homeoffice angesagt sind.

Ausreichend schlafen 

Gehen Sie möglichst immer zur selben Zeit ins Bett. Lassen Sie Smartphone, Tablet, Fernsehen und alles, was mit Corona zu tun hat, vor der Schlafzimmertür zurück. 

Kontrolle behalten 

Wenn wir uns überfordert und hilflos fühlen, ist es gut, sich mit den Dingen zu beschäftigen, über die wir Kontrolle haben können: unsere Gedanken, unsere Gewohnheiten und die Gestaltung unseres Alltags. Es gibt trotz der Pandemie immer noch vieles, auf das wir Einfluss haben. Im Hier und Jetzt zu bleiben und uns auf das zu fokussieren, was wir bewirken können, sowie gute Gewohnheiten zu implementieren, macht uns aktiv. Wir spüren unsere Selbstwirksamkeit und merken, dass wir viele Dinge gut im Griff haben. Das gibt Kraft und ermutigt.  

Grübeln nur in Maßen  

Es erfordert etwas Übung, nicht in der Gedankenspirale hängen zu bleiben. Probieren Sie, das Grübeln ganz konkret zu benennen: „Jetzt grüble ich und bin nicht mehr im Hier und Jetzt!“ Versuchen Sie dann, die Gedanken ziehen zu lassen, oder denken Sie bewusst an etwas anderes. Hilfreich kann auch sein, sich jeden Tag um eine bestimmte Uhrzeit 10 Minuten fürs Grübeln zu nehmen. Ertappen Sie sich außerhalb dieser Zeit beim Grübeln, sagen Sie „Stopp, Grübeln ist erst ab 17.00 Uhr erlaubt“ oder „Stopp, die Grübelzeit war heute schon.“ Auch das bewusste Fokussieren auf den eigenen Atem oder das Aufschreiben von belastenden Gedanken hilft beim Loslassen.

Mit sich selbst liebevoll und dankbar umgehen 

Versuchen Sie, Gutes bewusst wahrzunehmen. Notieren Sie am Ende jeden Tages bis zu vier Dinge, für die Sie dankbar sind. Schreiben Sie auch auf, was Ihnen heute gut gelungen ist und worüber Sie sich gefreut haben. So lassen Sie den Tag mit einer positiven Stimmung ausklingen und konzentrieren sich auf Ihre Stärken sowie auf Aktivitäten und Menschen, die Ihnen guttun. 

 

Ein Leuchtturm in schwierigen Zeiten: Telefonseelsorge – Notruf 142 

Die Telefonseelsorge – Notruf 142 ist an allen Tagen des Jahres rund um die Uhr, vertraulich und kostenlos erreichbar. Dies gilt natürlich besonders in der derzeitigen Krisensituation, wie Astrid Höpperger von der Telefonseelsorge erklärt: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für all jene da, die Sorgen und Ängste quälen. Sie haben auch ein offenes Ohr für alle Menschen, die in diesen Tagen sozialen Kontakt, ein menschliches Gegenüber und ein Gespräch suchen. Ein gutes Gespräch kann vieles verändern. Es kann Hoffnung auf Veränderung stärken. Es kann eine neue Perspektive finden lassen.“

Telefonberatung unter der Notrufnummer 142

Chat- und Mailberatung: www.telefonseelsorge.at

Ein Leuchtturm in schwierigen Zeiten: Telefonseelsorge – Notruf 142