Märtyrer Jakob Gapp Vorbild in Fake-News-Zeit

Innsbrucker Bischof in Predigt zu 25 Jahre Seligsprechung des von Nazis ermordeten Priesters: Bekenntnis zu Feindesliebe statt Rassenwahn ist hochaktuell in Lockdown- und Impfdebatten - Scharfe Kritik am Tragen von "Judensternen" ungeimpfter Demonstranten

Das Zeugnis, das der von den Nazis ermordete Tiroler Priester Jakob Gapp für den grenzenlos liebenden Gott ablegte, ist gerade in der polarisierenden Corona-Krise hochaktuell. Darauf hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler in seiner Predigt zum 25. Jahrestag der Seligsprechung des aus Wattens stammenden Geistlichen am Sonntag in der dortigen Laurentiuskirche hingewiesen. "Wir brauchen gerade in den unzähligen Lockdown- und Impfdebatten ganz dringend mehr Ruhe, mehr Nachdenklichkeit, um uns nicht gegenseitig in noch größeren Stress zu treiben", appellierte der Bischof für eine "ausgewogene Konsens- und Dissenskultur". Sachthemen dürften nicht zu Spaltungen führen, so Bischof Hermann. "Wir alle tragen eine hohe Verantwortung für das Miteinander in unserer pluralen Gesellschaft."

 

Scharfe Kritik übte der Diözesanbischof an jenen Ungeimpften, die bei Anti-Corona-Demos am Wochenende "Judensterne" trugen und die Maßnahmen der Bundesregierung mit nationalsozialistischer Politik verglichen. Dies sei eine "Verhöhnung historischer Wahrheit". Glettler schloss sich der Empörung von Innenminister Karl Nehammer über diese "geschmacklose" und die Verbrechen der Nationalsozialisten verharmlosende Form des Protestes an.

 

Nicht nur seinen Zuhörern in der Wattener Kirche legte der Bischof jene Botschaft Jesu ans Herz, die gleichermaßen tröste wie auch herausfordere: "Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen! Betet für die, die euch beschimpfen!" Und: "Urteilt nicht, damit auch ihr nicht verurteilt werdet!" Ein zweiter Vorsatz könnte nach den Worten Bischof Hermanns lauten: "Den kleinen Lügen, Verdächtigungen, Unterstellungen, Mutmaßungen und Vermutungen, verletzenden Empörungen, verächtlichen Reden, respektlosen Bemerkungen, Demütigungen von Andersdenkenden keinen Raum zu geben!"

 

"Überschäumende Systemwut gegen alles"
Glettler warnte davor, sich "widerstandslos in gut isolierte Meinungsghettos" zu begeben, "angetrieben und gepeitscht von der digitalen High-Speed-Kommunikation der Social Medias". Gefährlich verdichtete Echokammern seien die Folge, Sachinformationen und wirklicher Dialog kämen zu kurz. Halbwahrheiten und Fake-News würden Menschen manipulieren. Der Bischof verwies auf raffinierte Algorithmen, die nicht nur das Konsum- und Freizeitverhalten, sondern zunehmend Welt-Anschauung und Werteempfinden steuern würden. "Was ist noch Wahrheit, wenn sie systematisch unterlaufen wird?", fragte Glettler. "Diese Tatsache lässt viele in einer überschäumenden Systemwut gegen alles agitieren, was sie nicht verstehen oder ihren Interessen widerspricht." 

 

Menschen hätten ein Sensorium für die Wahrheit - "es ist unser Gewissen", so Glettler weiter. Dieses müsse geschult werden. "Seine Regungen dürfen nicht unterdrückt, aufgrund von Zerstreuung überhört oder angepasst an den Mainstream niedergetrampelt werden."

 

Jakob Gapp sei in diesem geforderten "ABC von Zivilcourage" ein echtes Vorbild, der sich an der Botschaft Jesu orientiert, an eine solidarische Verbundenheit aller Menschen geglaubt und für die Wahrheit Zeugnis abgelegt habe. "Gehen wir in seine Schule und bitten wir um seine himmlische Assistenz!", rief der Innsbrucker Bischof auf.

 

"Wollte lediglich die Wahrheit sagen"
Bischof Hermann erinnerte an die Predigt Jakob Gapps in der Wattener Laurentiuskirche am 11. Dezember 1938, die dessen weiteres Schicksal bestimmen sollte: Aufgrund seiner öffentlich bekundeten Gegnerschaft zum Nationalsozialismus musste der Priester im Jänner 1939 fluchtartig das Land verlassen. Es verschlug ihn zuerst nach Bordeaux, dann nach Spanien, wo er in Ordenshäusern der Marianisten unterrichtete. 1942 wurde Gapp von Spionen ins besetzte Frankreich gelockt und dort verhaftet. Vom Berliner Volksgerichtshof wegen Hochverrats zum Tode verurteilt, wurde er am 13. August 1943 in Plötzensee enthauptet. 

 

Gapp habe sich von der menschenverachtenden Herrenideologie der Nazis nicht blenden lassen, sagte Glettler. Im bewussten Gegensatz zum in Schulen gelehrten NS-Rassenwahn habe der Priester nicht nur im Religionsunterricht "die Liebe zu allen, gleich welcher Rasse und Religion und auch zu den Feinden" verkündet. Bei seiner Vernehmung am 25. Jänner1943 in Berlin habe sich Gapp mit den Worten verteidigt: "Ich wollte lediglich die Wahrheit sagen. Für mich steht über jedem Vaterland mein katholischer Glaube."

 

Die Diözese Innsbruck gedenkt des unerschütterlichen Glaubenszeugen zum 25. Jahrestag seiner Seligsprechung mit einer Reihe von Aktivitäten.

 

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Foto: Schallner

Comic über Jakob Gapp erschienen

Die Lebensgeschichte des Seligen wird von zwei Tirolern als „Graphic Novel“ erzählt

Das neue Comic über Jakob Gatt ist erschienen. Illustrator Alwin Hecher und Hannes Erler vom Arbeitskreis Jakob Gapp haben es gestaltet. Die sogenannte „Graphic Novel“ – ein gezeichneter Roman – erzählt die Lebensgeschichte des Watteners, der am 24. November vor 25 Jahren seliggesprochen wurde.

 

„Ich habe viel über den Seligen gelernt beim Zeichnen. Ich möchte besonders jungen Menschen das Leben von Jakob Gapp näherbringen“, erklärt der 23-jährige Künstler Alwin Hecher gegenüber dem Tiroler Sonntag. Rund ein Dreivierteljahr hat die Arbeit  an der Graphic Novel gedauert. Gapp wurde wegen seiner offen dargebrachten Gegnerschaft zu den Nationalsozialisten mit einem Unterrichtsverbot belegt. 1943 wurde der Priester wegen Landesverrats zum Tode verurteilt und enthauptet.

 

Zu Überzeugungen gestanden 

Hecher sieht darin eine zeitlose Botschaft, wie er betont: „Gapp hat sich gut informiert, sich eine Meinung gebildet und ist unter extremen Bedingungen zu seiner Überzeugung gestanden.“ Den Künstler fasziniere, „was dieser Mann für eine Schneid‘ gehabt hat“. Das Comic sei Gelegenheit, die Botschaft von Gapp zu würdigen.

 

Für das 48 Seiten umfassende Heft arbeitete Hecher eng mit Hannes Erler zusammen. Dieser war selbst vor 25 Jahren bei der Seligsprechung in Rom anwesend. Er setzt sich seit Jahrzehnten dafür ein, die Erinnerung an Jakob Gapp zu bewahren. Dem Comic liegen genaue Recherchen zugrunde, Zeitangaben und Zitate sind mit historischen Quellen belegt. Auch die Schauplätze sind genau dargestellt.

 

Nun erhältlich 

Der Arbeitskreis ließ 2.000 Stück des 48-seitigen Comics drucken. "Jakob Gapp. Gegen den Strom" ist unter anderem über die Pfarre, die Diözese Innsbruck und über die Tyrolia Wattens erhältlich.

 

ZUR PERSON JAKOB GAPP 

Geb. 26. Juli 1897 in Wattens, Tirol; † 13. August 1943 in Berlin-Plötzensee.

Nach der Schulzeit am Franziskanergymnasium in Hall und einer Verwundung im Ersten Weltkrieg trat der sozial engagierte Arbeitersohn 1920 in den Orden der Marianisten ein. Nach seiner Priesterweihe wirkte er ab 1930 als Lehrer in verschiedenen Orten.

Aufgrund seiner offen dargebrachten Gegnerschaft zu den Nationalsozialisten wurde er mit einem Unterrichtsverbot belegt. Er übersiedelte nach Frankreich und Spanien, von wo er 1942 von Spionen in das von Deutschen besetzte Frankreich gelockt und von den Nazis verhaftet wurde. Er wurde 1943 wegen Landesverrats zum Tode verurteilt und enthauptet.

Sein Gedenktag ist der 13. August.

Foto: Glettler

Das neue Comic beschäftigt sich mit dem Leben von Jakob Gapp. (Hecher/Erler)