Ladenöffnung am vierten Adventsonntag: Warnung vor "Dammbruch"

Trotz Ausnahme-Beteuerungen: Katholische Arbeitnehmerbewegung mahnt strenge Vorschriften ein, damit es nicht zu Entwicklung wie beim 8. Dezember kommt - Evangelischer Superintendent Geist übt harte Kritik an Entscheidung zum Offenhalten

Die "Katholische Arbeitnehmer:innenbewegung" (KAB) der Diözese St. Pölten warnt angesichts der geplanten Geschäftsöffnungen am vierten Adventsonntag, 19. Dezember, vor einem "Dammbruch". Es müsse bei einer einmaligen Öffnung bleiben, so KAB-Vorsitzender Franz Sedlmayer in einer Aussendung am Mittwoch. Bei allem Verständnis für die heimische Wirtschaft, die durch den Lockdown betroffen ist und bei allen Einschränkungen, die die Sozialpartner ausgehandelt haben, warnte die KAB davor, dass es zu einer ähnlichen Entwicklung wie beim 8. Dezember (Feiertag Maria Empfängnis) kommen könnte.

 

Am Dienstag war bekannt geworden, dass sich die Sozialpartner auf eine Ladenöffnung am 19. Dezember geeinigt haben. Aufgrund des aktuellen Lockdowns fallen drei traditionelle Einkaufssamstage und der 8. Dezember für den Handel weg. Durch den offenen Sonntag will man einen Teil des verlorenen Umsatzes gutmachen. Beschäftigte, die sich freiwillig für diesen Tag melden, verdienen das Doppelte und bekommen einen extra freien Tag. Die Regelung gilt nicht für Supermärkte und Drogerien, die auch derzeit im Lockdown offen haben dürfen. Voraussetzung ist, dass die Pandemiesituation eine Öffnung zulässt.

 

Die St. Pöltner KAB wies in ihrer Aussendung darauf hin, dass der Schutz des Sonntags in der Niederösterreichischen Landesverfassung verankert ist. Diesem Schutz müsse die Landesregierung, allen voran Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, bei der Erstellung der für die anstehende Ausnahme am 19. Dezember notwendigen Verordnung Rechnung tragen.

 

Viele Handelsangestellte würden sowieso von Montag früh bis Samstagabend arbeiten. Man könne nicht die Ladenöffnungszeiten immer weiter ausweiten, aber die dafür notwendige staatliche Kinder und Schulbetreuung auf Montag bis Freitag begrenzen und sie am Samstag und Sonntag auf die ehrenamtlichen Tätigkeiten der Großeltern oder Verwandten bzw. der eigenständigen Suche und Bezahlung von Kinderbetreuerinnen abwälzen. Zudem sei in vielen ländlichen Gegenden ein Erreichen der Arbeitsstelle an Sonn- und Feiertagen mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum möglich, gab die KAB zu bedenken. Die scheinbare Freiwilligkeit der Arbeit am Sonntag könne auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Druck immer aufseiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer liege, "die bald den Stempel des Unsolidarischen aufgedrückt bekommen, wenn sie mal am Sonntag die Arbeit ablehnen".

 

Sedlmayer wörtlich: "Der heilige Sonntag darf dem quasi heiligen Vollzug des Kaufens und Verkaufens nicht geopfert werden. Für die Gesellschaft und den Einzelnen ist es wichtig, einen Tag in der Woche und vor allem in der stressigen Zeit des Advents zu haben, der für Familie, Partner, Kinder, Verwandte und Freunde da ist."

 

"Kniefall" vor dem Handel 

Noch deutlichere Worte fand der Wiener evangelische Superintendent Matthias Geist. Er sprach gegenüber dem Evangelischen Pressedienst von einem "Kniefall" vor dem Handel, der "völlig unverständlich" sei. Geist wörtlich: "Genau in diesen Jahren der Pandemie sollte uns unsere Luxus- und Wohlstandsgesellschaft deutlich zu denken geben, was wir tatsächlich brauchen und wohin sich auch wirtschaftliche Interessen verlagern sollten." Der Superintendent vertritt die Evangelische Kirche in der "Allianz für den freien Sonntag".

 

Was es brauche, sei "ein gesundes soziales System, das Menschen in ihrer Existenz absichert - und keinen florierenden Handel; eine Begleitung von seelischem Befinden jeglicher Art - und kein Zudecken mit Materiellem; und eine Wirtschaft im Dienst des Lebens und der Nachhaltigkeit - und kein Verzwecken von menschlicher Arbeitskraft gegen die Interessen von Familien und derjenigen, die Advent als Zeit der Besinnung und Neuorientierung begreifen."

 

"Möglichkeit der einmaligen Öffnung" 

Profitieren sollen von der Öffnung am 19. Dezember etwa Modehändler, Elektrogeschäfte, Spielzeugläden sowie Möbel- oder Buchhandel. "Die Möglichkeit der einmaligen Öffnung betrifft ausschließlich jene Geschäftsstellen, die während der Zeit des Lockdowns geschlossen haben", stellte die Gewerkschaft klar, von der auch einige Teilorganisationen der "Allianz für den freien Sonntag" angehören. Ein Türöffner für die generelle Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten solle der Ausnahmesonntag nicht werden. "Klar ist für uns, dass wir weiterhin eine Öffnung des Handels am Sonntag abseits einer möglichen Ausnahmeregelung für den 19. Dezember strikt ablehnen", so Martin Müllauer, Vorsitzender des Wirtschaftsbereiches Handel in der Gewerkschaft GPA.

 

Eine Meldung von www.kathpress.at