Caritas: Österreich soll endlich Flüchtlinge aus Lesbos aufnehmen

Caritas-Auslandshilfechef Knapp auf Lokalaugenschein in Flüchtlingslagern auf griechischen Inseln und in Integrationsprojekten in Athen - Mit Wegschauen oder Abschreckung lässt sich Flüchtlingsproblematik nicht lösen

Mit nationalen Alleingängen, Wegschauen oder auch einer Politik der Abschreckung wird sich das Flüchtlingsproblem nicht lösen lassen: Das hat Caritas-Auslandshilfechef Andreas Knapp am Donnerstag im Kathpress-Interview betont. Er befindet sich derzeit in Griechenland, wo er das Flüchtlingslager Mavrovouni - dem Nachfolgecamp von Moria - auf der Insel Lesbos und Hilfsprojekte in Athen besuchte. Einmal mehr drängte Knapp auf eine gesamteuropäische solidarische Flüchtlingspolitik. Österreich sollte sich endlich an humanitären Aufnahmeprogrammen von anerkannten Flüchtlingen beteiligen, forderte Knapp. Er kritisierte im Interview aber auch die griechische Regierung, die schlicht kein Interesse habe, Flüchtlinge im Land zu integrieren.

 

Die materiellen Bedingungen in den Camps auf den Inseln hätten sich gebessert, berichtete Knapp. Die Bemühungen Griechenlands, die Maßnahmen über große internationale Hilfsprogramme aber auch die Bemühungen von vielen kleinen NGOs würden greifen. Sei es, dass die sanitäre Versorgung verbessert wurde oder auch der Untergrund, auf dem die Zelte stehen. "Horrorbilder von Zelten und Menschen, die im Schlamm versinken, gibt es nicht mehr", so Knapp. Derzeit werde auch bereits daran gearbeitet, das Camp winterfest zu machen.

 

Zur Verbesserung trage auch bei, dass die Zahl der Flüchtlinge von 10.000 auf zuletzt rund 5.000 gesunken sei. Dazu hätten auch wesentlich die Aufnahmeprogramme einiger europäischer Länder beigetragen, würdigte der Auslandshilfechef. Nachsatz: Österreich war nicht dabei.

 

Schlimm sei nach wie vor jedoch die psychische Belastung für die Menschen, die vielfach keinerlei Perspektiven hätten. Bis zu 70 Prozent der Flüchtlinge stammen aus Afghanistan, rund 20 Prozent aus Syrien, von den restlichen kommen viele aus Somalia oder dem Kongo.

 

Elend auf dem Festland 

Das Elend hat sich laut Knapp zum Teil von den Inseln aufs Festland verlagert. Denn wer in Griechenland Asyl erhält, fällt nach einem Monat aus allen staatlichen Unterstützungsprogrammen heraus, erläuterte Knapp. Die Menschen stünden buchstäblich mit nichts auf der Straße. In den Städten wie Athen oder Thessaloniki habe die Obdachlosigkeit folglich stark zugenommen.

 

Manche anerkannten Flüchtlinge seien deshalb sogar vom Festland wieder zurück in die Lagern auf den Inseln gereist, so Knapp. Andere wieder hätten zwar Asyl bekommen, könnten aber nicht aufs Festland und würden unfreiwillig in den Lagern festsitzen.

 

Die österreichische Caritas passt ihre Hilfe an die veränderten Herausforderungen an und ist verstärkt nun auch auf dem Festland tätig. Knapp besuchte dieser Tage ein Heim für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Athen. Eine Partnerorganisation der Caritas betreibt insgesamt 13 solcher Heime für insgesamt 400 Kinder, drei davon werden von der österreichischen Caritas unterstützt.

 

Auch ein Hilfsprojekt für alleinstehende Frauen mit Kindern stand auf der Besuchsliste Knapps, wo sich wieder das gleiche Problem offenbarte: So sind die Frauen zwar als Flüchtlinge anerkannt, erhalten jedoch keinerlei Unterstützung vom Staat. Zivilgesellschaftliche Organisationen wie die Caritas bemühen sich darum, die Frauen zu integrieren; u.a. mit Sprachkursen. Knapp: "Die Regierung sieht Griechenland als reines Transitland, und unternimmt nichts in Richtung Integration. Und die Konsequenzen sieht und spürt man überall." Viele Flüchtlinge seien auch traumatisiert - von den Erlebnissen in den Herkunftsländern oder von der Flucht und den Lagern.

 

Hilfe in Griechenland 

Über lokale Partnerorganisationen leistet die Caritas Österreich sowohl Nothilfe als auch mittelfristige Hilfe. Insgesamt hat die Caritas Österreich seit Anfang 2020 1,26 Millionen Euro für Partnerorganisationen in Griechenland zur Verfügung gestellt und weiter 600.000 Euro vertraglich für Projekte auf dem griechischen Festland und den ägäischen Inseln zugesagt. Seit Anfang 2020 konnte dadurch Hilfe für mind. 34.000 Menschen ermöglicht werden.

 

Auf den griechischen Inseln Lesbos, Samos und Chios arbeitet die Caritas Österreich mit der Caritas Griechenland zusammen. Seit dem Frühjahr 2021 werden etwa auf Chios und Lesbos psychologische Betreuungen sowie Übersetzungsdienste angeboten. Mit der Hilfsorganisation "Watershed Greece" werden Aktivitäten, die zur Verbesserung der Wasser-, Sanitär- und Hygienebedingungen im Camp Mavrovouni auf Lesbos beitragen, unterstützt.

 

Bereits abgeschlossen ist ein Projekt mit "Home for all", einer ebenfalls auf Lesbos ansässigen griechischen NGO, über die die Caritas Österreich Essenspakete finanziert hat.

 

Knapp reiste am Donnerstag weiter auf die Insel Chios, wo die Caritas mit der Organisation "Movement on the Ground" im örtlichen Flüchtlingscamp die Verbesserung des Abfallmanagements übernommen hat. "Im Lager gab es ein riesiges Rattenproblem, das ist jetzt vorbei", berichtete Knapp.

 

Eine Meldung von www.kathpress.at