Bischof Hermann: Kirche muss "heilsame Zugehörigkeit" ermöglichen

Innsbrucker Bischof in Evangeliums-Betrachtung auf Radio Vatikan: Jesus als Vorbild gebietet "verrückte Leidenschaft für die Menschen" statt kleinkarierten Ausgrenzens

Die Kirche darf sich nicht als exklusive Clique verstehen und Menschen ausgrenzen oder gar an den Pranger stellen: Das hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler gegenüber Radio Vatikan (Sonntag) dargelegt. Um in der "Schule Jesu" zu sein, gelte es "in erster Linie heilsame Zugehörigkeit zu ermöglichen und jedes kleinkarierte Ausgrenzen zu vermeiden". In "radikaler Offenheit und einer verrückten Leidenschaft für die Menschen von heute" müsse die Kirche "die Türen ganz weit aufmachen", so der Bischof, der bedauerte, dass viele Menschen leider auch gegenteilige Erfahrungen machten.

 

Bischof Hermann äußerte sich in Gedanken zum Sonntagsevangelium, bei dem es um die Verwandtschaft von Jesus geht und um dessen Aussage, für ihn seien alle Bruder, Schwester und Mutter, die den Willen Gottes tun. Auch heute sei dies eine Provokation, betonte der Bischof. Verwerfungen seien durch die darauf gegründete neue Gemeinschaft vorprogrammiert. Jesus habe sich dieser Tatsache gestellt und es auch das Weggehen einiger ausgehalten. Gleichzeitig habe er jedoch nichts von der Radikalität seiner Botschaft zurückgenommen, an die Freiheit des Einzelnen appelliert und eine Offenheit für alle gezeigt, die "mit ihrer Lebenslast, ihrem Versagen und Unvermögen zu ihm kamen".

 

Bischof Hermann erzählte von einem jungen persischen Paar, das nach Österreich kam - offiziell zum Studium, in Wahrheit jedoch, um Christen zu werden; der Bischof selbst gab heimlich Taufunterricht. Ein Verwandter im Iran seien daraufhin als "klare Warnung" in einen fast tödlichen Unfall verwickelt worden, worauf die Eltern verzweifelt versucht hätten, den Weg zur Taufe zu stoppen. Die beiden seien jedoch fest entschlossen gewesen, ein Leben mit Jesus zu führen, der "auf Gewalt verzichtet und sein Programm nicht mit dem Schwert durchgesetzt hat". Sie hätten in ihm "nur Liebe" gesehen und das Durchbrechen der Logik der Vergeltung und des Hasses, so der von diesem Glaubenszeugnis "außerordentlich bewegte" Bischof.

 

Alle, die sich nicht mehr dazugehörig und heimatlos fühlten, müsse die Kirche besonders im Blick haben, betonte Glettler: Etwa Menschen, die sich selbst und anderen fremd geworden seien, an einer Beeinträchtigung litten oder sich schuldig gemacht hätten.

 

Im Wissen um die Verbundenheit als "echte Verwandte in der Familie Jesu" gelte es darüber hinaus eine "neue globale Geschwisterlichkeit in einer zerrissenen Welt über alle nationalen Grenzen hinweg" zu pflegen, verwies der Bischof auf das aktuelle Papst-Schreiben "Fratelli tutti", das er mit einer Anekdote veranschaulichte: So habe ein Diakon bei den Fürbitten einer Tauffeier "für unsere Verwandten auf den Philippinen" gebetet - und damit bei der Taufgesellschaft zunächst für Verwunderung gesorgt. Bischof Hermann: "Bräuchten wir nicht öfter etwas mehr geistvolle Verrücktheit, damit der Geist Gottes Neues ermöglichen kann?"

 

(Video zu Bischof Hermanns Evangeliums-Betrachtung: https://www.youtube.com/watch?v=asAhUFDtSFw)

Eine Meldung von www.kathpress.at