Bischof Glettler: Jugend verstärkt ins Boot holen

Danke allen, die finanziell und in anderer Weise Kirche mittragen.
  • Statistik 2019 Diözese Innsbruck: 374.034 KatholikInnen, 4.313 Austritte, 386 Wiedereintritte
  • Glettler: Kirche bietet eine Fülle von positiven Initiativen
  • Huber: Mehr-Wert eines Lebens in und mit der Kirche zur Sprache bringen
  • Kirchmair: Kirchenbeitrag als soziales Investment

Die Katholikenzahl in Österreich ist im letzten Jahr leicht zurückgegangen und weitgehend stabil. Das ergeben die traditionell am Jahresanfang von den österreichischen Diözesen veröffentlichten Statistiken. Demnach gibt es mit Stichtag 31. Dezember 2019 in Österreich 4,98 Millionen Katholiken. 2018 waren es laut amtlicher Statistik der Österreichischen Bischofskonferenz 5,05 Millionen Katholiken. Das entspricht einem Rückgang von 1,35 Prozent.

In der Diözese Innsbruck beträgt die Zahl der KatholikInnen mit Ende Dezember 2019 genau 374.034. Das bedeutet ein Minus von 1,15 Prozent gegenüber dem Jahr davor (378.373). 4.313 Menschen sind im Vorjahr aus der Kirche ausgetreten. 386 Menschen sind wieder eingetreten. 50 Erwachsene (über 14 Jahre) ließen sich taufen. „Kirche muss sich mehr für junge Leute engagieren“, so Bischof Hermann Glettler in einer ersten Stellungnahme.

Weitere Steigerung von Austritten bei Studierenden und Zugezogenen 

Michael Unterguggenberger, Diözesanreferent für Kirchenbeitrag und Leiter der Kirchenbeitrag-Servicestelle Innsbruck zu den aktuellen Zahlen: „Weiterhin treten viele junge KatholikInnen beim ersten Abklärungsschreiben (Anm.: nicht Vorschreibung) aus. Fortgesetzt hat sich auch der Trend von Austritten vor allem in Innsbruck bei Neuzuzügen und bei Personen aus Italien bzw. Deutschland. Zumeist studieren diese in Innsbruck, sind hier gemeldet und treten hier aus der Kirche aus.“ Insgesamt allerdings ortet Unterguggenberger bei den Menschen in den vergangenen beiden Jahren eine durchaus positive Stimmung gegenüber der Kirche. „Die Gespräche verlaufen Großteils sehr positiv und die Zahlungsmoral der Tiroler KatholikInnen ist weiterhin sensationell und widerspricht eigentlich allen anderen Tendenzen“, so Unterguggenberger.

Auffallend bei den 386 Reversionen (Wiedereintritten) ist die Altersstruktur: Knapp 60 Prozent der Menschen, die wieder in die Kirche eintreten, sind zwischen 21 und 40 Jahre alt. Elf Personen sind im Vorjahr von anderen Konfessionen zum katholischen Glauben konvertiert. 54 Menschen gaben ihren Widerruf vom Austritt bekannt.

Glettler: Kirche überzeugt durch ihre Vielfalt 

„Ich erlebe in unserem Land sehr lebendige Pfarren, höchst engagierte Einzelpersonen und viele kirchliche Initiativen, die Mut machen. Umso mehr schmerzt jeder einzelne Kirchenaustritt“, stellt der Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler fest. „Vielen ist die Vielfalt kirchlichen Lebens gar nicht bewusst.“

Der Bischof dankt ausdrücklich allen, die mit ihrem persönlichen Glaubenszeugnis, ihrem finanziellen Beitrag und einer solidarischen Lebensweise Kirche mittragen. Als Grund für die geringer werdende Zahl an Katholiken in Österreich nannte Glettler u.a. die zunehmende Schwierigkeit heutiger Menschen, sich als Mitglied an eine Kirche oder andere Organisation zu binden, „auch wenn viele dennoch eine Sehnsucht nach Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft haben.“

Positiv strich Glettler die weiterhin hohe Zahl von 386 Wiedereintritten und 50 Erwachsentaufen hervor: „Diese persönlichen Entscheidungen haben eine hohe Bedeutung, weil sie auf einer bewussten Wahl beruhen.“

Kirche muss sich mehr für junge Leute engagieren 

Glettler nimmt junge Menschen in den Blick: „Vielen Jugendlichen fehlt oftmals schon jede Form eines einfachen Kontaktes mit der Kirche.“ Manchmal mangle es auch an Personen, „die unverkrampft auf junge Leute zugehen, ihre Lebenssituation wahrnehmen und vielleicht dadurch eine noch unbekannte Tür aufmachen. Aus einer solchen Begegnung kann etwas entstehen, denn Glaube wächst in der Gemeinschaft mit konkreten Menschen." 

Der Innsbrucker Bischof will aus diesem Grund im kommenden Jahr einige Initiativen für jungen Menschen setzen. Den Beginn macht Ende Jänner ein diözesanes Forum aller Verantwortlichen in der kirchlichen Jugendarbeit. Die Begeisterung für die Jugendarbeit soll dabei neu entfacht und auch einiges an Know-How für den Umgang mit jungen Leuten vertieft werden. Im Februar begleitet der Bischof eine Jugendwallfahrt nach Israel und im Sommer wird eine größere Anzahl von jungen Leuten an der diözesanen Rom-Wallfahrt teilnehmen.

Die Kirche kann heute von den engagierten jungen Leuten ein hohes Maß an „Entschiedenheit und Konsequenz für die Gestaltung der Zukunft lernen“, so der Bischof in Anspielung auf die beeindruckenden Klimaschutz-Aktivitäten des vergangenen Jahres, die er auch aktiv unterstützt hat. Er stellt die Diagnose in Abrede, dass die Jugend heute weniger sozial sei als früher: „Freilich sei es heute nicht einfach, mit den vielen Möglichkeiten umzugehen. Auch plötzlich eintretende Krisen, Überforderungen vielfältiger Art und Mobbing-Erfahrungen können Jugendliche belasten." Umso wichtiger sei es, dass die Kirche die Botschaft von Jesus nicht für sich behält, sondern möglichst allen Generationen zugänglich macht. „Darin liegt ein ganz großes Potential für unsere Zeit.“

Huber: Mehr-Wert eines Lebens in und mit der Kirche zur Sprache bringen 

Generalvikar Florian Huber analysiert: „Ein im Verlauf dieses Jahres bereits absehbarer Trend einer Steigerung der Austrittszahlen hat sich mit dem Ergebnis von 2019 im Vergleich zum Vorjahr leider bestätigt. Darüber kann auch die erfreuliche Zahl von 386 Wiedereintritten nicht hinwegtäuschen.“

Bei den Ursachen für die Austritte sieht Huber mehrere Ursachen: Manche Austritte sind Reaktion auf erlebte Verletzungen durch kirchliche Amtsträger. Da sind Entschuldigung und Besserung angesagt. Nach wie vor leiden wir unter den Folgen eines Vertrauensverlustes durch den viele Jahre unter die Decke gekehrten Missbrauch von anvertrauten Kindern und Jugendlichen. Ich höre persönlich oft große Wertschätzung gegenüber der Diözese, dass wir uns im Umgang damit inzwischen auf einem vorbildlichen Weg befinden.“ 

Der Generalvikar sieht auch verstärkte Aufgaben der Diözese in der Öffentlichkeitsarbeit: „Es gibt viel Positives im Leben der Kirche, sehr viel Engagement und beherzten Einsatz. Das sollten wir noch mehr an die Öffentlichkeit bringen. Ich bin immer wieder im Blick darauf sehr dankbar.“ Es lebe auch nach wie vor eine große Bereitschaft, mühsame Entscheidungsprozesse in Geduld mitzutragen.

Huber weiter: „Leider gelingt es uns nicht mehr, die Lebensrelevanz eines gläubigen Lebens in und mit der Kirche so selbstverständlich, wie das früher den Anschein hatte, zu vermitteln. Gesellschaftliche Stützen einer volkskirchlichen Situation, die das lange getragen haben, fallen weg.“

Das bringe durchaus Chancen, denn damit werde die Freiheit der Entscheidung eines Lebens in einer Beziehung zu Jesus erst möglich gemacht, so der Generalvikar. „Gesellschaftliche Konvention allein ist nicht tragfähig. Aber es macht deutlich, dass wir uns in einem herausfordernden Veränderungsprozess befinden, bei dem sich die zukünftige Gestalt des kirchlichen Lebens in unserem Land erst herausbilden wird. Sicher ist dabei: für alle, denen Kirche ein Herzensanliegen ist, gilt es, den Mehr-Wert eines Lebens in und mit der Kirche zur Sprache zu bringen und mit aller Kraft zu versuchen, das glaubwürdig zu leben“, so Florian Huber.

Kirchmair: Kirchenbeitrag als soziales Investment 

Finanzkammerdirektor Rainer Kirchmair: „Ich möchte allen, die Teil unserer Gemeinschaft sind, für die Unterstützung danken. Wir bemühen uns, so sorgfältig wie möglich mit den zur Verfügung gestellten Mitteln umzugehen, und verwenden diese nicht nur für die Finanzierung der Seelsorge in den Pfarren, sondern unter anderem auch für Bildungsarbeit, caritative Aufgaben und Jugendarbeit. Möglichst viele Gruppen der Tiroler Gesellschaft sollen damit auch von unseren Initiativen profitieren und wir versuchen im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie der Diözese den Umweltschutz in wirtschaftlichen Entscheidungen mitzudenken.“

Der Kirchenbeitrag – in der Regel 1,1 Prozent des steuerpflichtigen Einkommens abzüglich verschiedener Ermäßigungen – könne deshalb, so Kirchmair, auch als eine nachhaltige und sozial sinnvolle Investition – ein „Impact Investment“ in Tirol, das auch bis 400,00 Euro steuerlich absetzbar ist, gesehen werden.

Kirchmair abschließend: „Jeder Austritt schmerzt mich, einerseits als Ökonom der Diözese, andererseits aber insbesondere als gläubiger Katholik. Ich hoffe, dass wir in den kommenden Jahren noch klarer machen können, dass es in jeder Hinsicht Sinn macht mit Gott verbunden und Teil der Kirche zu sein; einer Gemeinschaft, die insbesondere in Zeiten von persönlichen wie gesellschaftlichen Krisen für ihre Mitglieder da sein will.“

Weitere Informationen zum Thema Absetzbarkeit unter www.bmf.gv.at/kirchenbeitrag

Die Gesamtzahlen 2019 der Diözese Innsbruck im Überblick: (wo eine Klammer, die Veränderung zum Vorjahr):

KatholikInnen: 374.034 (378.373).
Austritte: 4.313 (3.614)
Konversionen – Übertritt aus einer anderen Religionsgemeinschaft: 11 (18)
Reversionen - Wiedereintritte:386 (383)
Widerrufe vom Austritt: 54 (27)