Dialog mit Kunst ist "Frischetest für Synodalität"

Innsbrucker Bischof macht sich bei Herbsttagung der Orden für mehr "Gastfreundschaft" für Künstler in der Kirche stark - Benediktinern ruft zum fachgerechten Umgang mit historischen Kunstobjekten und Alltagsgegenständen auf

Zur aktiven Auseinandersetzung der Kirche mit zeitgenössischer Kunst sowie zur Auftragsvergabe an renommierte Künstler hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler aufgerufen. Durch "Gastfreundschaft" für Kunst in Kirchenräumen werde ein anderes ästhetisches Bewusstsein und eine neue Wahrnehmung zugelassen, sagte Glettler, der in der Österreichischen Bischofskonferenz für den Bereich "Kunst und Kultur" zuständig und selbst als Künstler tätig ist. Glettler äußerte sich am Mittwoch beim "Kulturtag" der Herbsttagung der Orden, der coronabedingt als Videokonferenz durchgeführt wurde. Für die Kirche sei das Wagnis dieses Dialogs ein "Frischetest für Synodalität und eine Sensibilisierung für die Zeichen der Zeit".

 

"Wir müssen das kulturelle Wissen der heutigen Zeit in unsere Kirchen holen", so die Überzeugung des Bischofs. Die Kirche setze ein Statement, wenn sie in ihren heiligen Räumen "mehr zulässt, als es unserer Genügsamkeit oft recht ist". Bei allem Bemühen um Offenheit und Dialog sei die Nagelprobe dafür meist, ob bei der Neugestaltung von Kirchen oder deren Einrichtung Aufträge an Künstler vergeben würden. "Oft meint man, alles selbst machen zu können. Das birgt jedoch die Gefahr, dass man sich nicht mehr von der ästhetischen Professionalität, die sich außerhalb der Kirchen weiterentwickelt hat, beraten, befruchten und inspirieren lässt", warnte Glettler, und hob hervor: "Für Christus nur das Beste, Schönste und Wertvollste der Zeit!".

 

In Österreichs Kirche gebe es einige Einrichtungen - Diözesen, Klöster und Kultureinrichtungen -, die sich redlich um den Dialog mit der Gegenwartskunst bemühten. Ziel sei dabei eine "lebendige Tradition, die zugleich Altes durch genaues Hinschauen wertschätzt und Neues zulässt". Übersehen dürfe die Kirche nicht, dass sie eine "kulturelle Verantwortung für das Heute" habe, die auch eine Verpflichtung zu Qualität beinhalte. Die künstlerische Qualität zählt für den Bischof zu den wichtigsten Kriterien; sichergestellt werden könnte sie etwa durch die Einladung renommierter Künstler zu Gestaltungswettbewerben, bei denen dann freilich auch eine kompetente Jury nötig sei, um mutig den besten Vorschlag auszuwählen.

 

Ermutigende Worte fand Glettler auch für die Beauftragung "säkularer" Künstler, erst recht wenn deren Oeuvre schon bisher spirituelle Deutbarkeit zumindest zulasse. "Es gibt viel mehr spirituelles Interesse in der Künstlerschaft als wir denken", so die Erfahrung des Bischofs. Künstler seien "Seismografen", könnten durch ihren Blick von außen bei der Klärung des eigenen Charismas helfen. Sie besäßen hohe Sensibilität für den Raum, in den sie eingeladen werden, wofür sie sich meist sehr dankbar fühlten. Oftmals seien sie zu "interessanten Gesprächspartnern" geworden und langjährige Freundschaften seien entstanden. Er selbst verfolge hier auch ein "missionarisches" Anliegen, ließ Glettler durchblicken: "Es geht doch auch darum: Wie können wir zu den Kulturschaffenden heute wieder eine Brücke und Vertrauen aufbauen?"

 

Denkmalpflege für das "kulturelle Gedächtnis"
Doch auch der richtige Umgang mit Kunstgegenständen der Vergangenheit war Thema am "Kulturtag". Die Benediktinerin Klara Antons aus der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim am Rhein rief dazu auf, die Denkmalpflege als Hilfe zu sehen statt als Kostenfaktor: Erhalt und fachgerechte Inventarisierung von Dingen des klösterlichen Alltags forderten spezielle Aufmerksamkeit. Das Wissen um die Hintergründe eines historischen Gegenstandes und dessen Bedeutung in seiner Entstehungszeit lasse ihn "an Tiefe gewinnen". Umgekehrt gingen beim Verschwinden von solchen Objekten auch Bedeutungszusammenhänge und insgesamt das "kulturelle Gedächtnis" eines Ortes, eines Klosters oder einer Gemeinschaft verloren. 

 

Als Beispiel nannte Sr. Antons die sogenannte "Nonnenkrone" der Heiligen Hildegard von Bingen (1079-1179). Als es in der frühen Neuzeit weder Gebrauch noch Wertschätzung für die Kopfbedeckung der Mystikerin und Kirchenlehrerin gab, sei sie für einige Jahrhunderte verschwunden gewesen und wurde erst 2020 wieder aufgefunden. Mit drastischen Folgen: Lange Zeit sei niemand in der Lage gewesen, Hildegards darauf Bezug nehmende Visionstexte verständlich zu deuten, so die Theologin und Archivarin. Das "revolutionäre Verständnis von Armut" der Heiligen sei somit lange Zeit unbekannt geblieben.

 

Im Besonderen verwies die Benediktinerin auch auf einen Passus der für viele Ordensgemeinschaften maßgeblichen Benedikts-Regel, in dem der Abt verpflichtet wird, über die Gegenstände seines Klosters ein Verzeichnis zu führen. "Alle Geräte und den ganzen Besitz des Klosters betrachte er als heiliges Altargerät", so Benedikts Anweisungen an den Cellerar seines Klosters. Wer diese nachlässig behandle oder beschmutze, sei zu tadeln, schrieb der Mönchsvater.

 

Eine Meldung von www.kathpress.at