Ausstellung: Nothelfer im Porträt

Im Tiroler Volkskunstmuseum in Innsbruck sind derzeit Collagen von Reiner Schiestl zu sehen, mit denen er sich mit Heiligengestalten beschäftigt. Dort trifft man auf alte Bekannte ebenso wie auf den hl. Strohsack, der in keinem Heiligenverzeichnis zu finden ist...

In den kommenden Monaten ist das Tiroler Volkskunstmuseum bestens gegen drohendes Ungemach geschützt. Denn bis 19. November hält eine Armada von Nothelfern ihre schützende Hand über das Haus. In einer Ausstellung im ersten Stock des Museums werden Collagen von Reiner Schiestl gezeigt, in denen sich der Tiroler Künstler mit bekannten und weniger bekannten Heiligen und den ihnen zugeschriebenen Attributen sowie deren Hilfsangeboten beschäftigt.

Ganz im Trend des sog. „upcyclings“, bei dem alten Materialien neues Leben eingehaucht wird, verwendet Schiestl für seine Collagen alte Aquarelle aus seinem reichen Fundus. Aus diesen setzt er die bunten Heiligendarstellungen zusammen und fügt in einem zur Ausstellung erschienenen Buch kurze Heiligenlegenden hinzu.

Die Ausstellung „Nothelfer“ ist das Ergebnis einer jahrelangen Beschäftigung des in Innsbruck arbeitenden Künstlers mit Heiligenfiguren und den Legenden, die sich um sie ranken. Schiestl verzichtet dabei bewusst auf historische Korrektheit, zumal sich bei vielen Heiligengeschichten Wahrheit und Legende ohnehin nicht trennen lassen. Und so verwundert es nicht, dass Schiestl auch neue Heiligenfiguren erfindet und ihnen ihre Aufgabe als Fürsprecher und Nothelfer zuweist. So gesellt sich zum hl. Georg etwa der hl. Strohsack. Georg ist als 2. Landespatron und Beschützer der Bauern in Tirol weitum bekannt. Der hl. Strohsack steht dem aufgrund der häufig gebrauchten Redewendung in nichts nach, die Legende jedoch ist eine Erfindung des Künstlers: Demnach hat der Erzengel Gabriel den Strohsack auf die Erde geschickt, um die Menschen vor allzu frostigen Temperaturen zu schützen und ihnen zu zeigen, wie sie sich mit dem Strohsack über den Winter retten. Und so erhebt Schiestl den Strohsack zum Nothelfer gegen Frost und klirrende Kälte.

Die Ausstellung ist eingebettet in einen Rundgang durch das bäuerliche Kirchenjahr, und so korrespondieren manche Heiligendarstellungen mit Exponaten dieser Ausstellung. Schiestl nähert sich mit seinen Collagen dem Phänomen an, warum Menschen für bestimmte Notlagen Helfer in himmlischen Gefilden suchen und wie es zur Bildung von Heiligenlegenden kommt.

Die sog. „Nothelfer“ haben in der christlichen Kirche eine lange Tradition. Schon im 9. Jahrhundert wurden die 14 heiligen Nothelfer verehrt. Ihnen wird in besonderer Weise zugesprochen, dass sie bei Anrufung hilfreich in das Geschehen auf der Erde eingreifen können. In der Regel stehen die Hilfsangebote der Heiligen in Zusammenhang mit ihrem Leben bzw. ihrem Tod. Bekannte Nothelfer sind z. B. der hl. Florian. Er wurde der Legende nach ertränkt und gilt als Beschützer vor Feuer. Der hl. Blasius, der einen Buben vor dem Erstickungstod gerettet haben soll, gilt als Patron gegen Halskrankheiten. Am häufigsten angefragt wird wohl der hl. Antonius, der beim Auffinden verlorener Gegenstände hilft. 

 

Zum Künstler: 

Reiner Schiestl wurde 1939 geboren und studierte von 1958 bis 1964 an der Akademie für bildende Künste in Wien. Daran schließen sich lange Malreisen und Aufenthalte in USA, Italien, Frankreich, China, Nordafrika, Südamerika und Spanien. Reiner Schiestl lebt und arbeitet in Innsbruck. 

 

Reiner Schiestl: Nothelfer. Ausstellung im Tiroler Volkskunstmuseum, Universitätsstraße 2 in Innsbruck. Zu sehen bis 19. November, täglich von 9-17 Uhr. 

Weitere Informationen zur Ausstellung und zu den Führungen 

Collagen von Reiner Schiestl zeigt das Volkskunstmuseum bis 19.11.2017