Die sieben Werke der Barmherzigkeit

Die sieben Werke der Barmherzigkeit (Bischof Wanke) 

Die klassischen Werke der Barmherzigkeit (Mt 25): Hungrige speisen, Durstige tränken, Fremde beherbergen, Nackte bekleiden, Kranke pflegen, Gefangene besuchen, Tote bestatten - wurden von Bischof Wanke aus Erfurt neu formuliert.

 

1. Einem Menschen sagen: Du gehörst dazu. 

Was unsere Gesellschaft oft kalt und unbarmherzig macht, ist die Tatsache, dass in ihr Menschen an den Rand gedrückt werden: die Arbeitslosen, die Ungeborenen, die psychisch Kranken, die Ausländer usw. Das Signal, auf welche Weise auch immer ausgesendet: „Du bist kein Außenseiter!“ „Du gehörst zu uns!“ –   z. B. auch zu unserer Pfarrgemeinde – das ist ein sehr aktuelles Werk der Barmherzigkeit.

2. Ich höre dir zu. 

Eine oft gehörte und geäußerte Bitte lautet: „Hab doch einmal etwas Zeit für mich!“; „Ich bin so allein!“; „Niemand hört mir zu!“ In der Hektik des modernen Lebens fehlt uns - oft gegen unseren Willen - die Zeit, einem anderen einfache einmal zuzuhören. Zeit haben, zuhören können ist ein Werk der Barmherzigkeit gerade im Zeitalter hochmoderner Kommunikation.

3. Ich rede gut über dich. 

Jeder hat das schon selbst erfahren: In einem Gespräch, einer Sitzung, einer Besprechung – da gibt es Leute, die zunächst einmal das Gute und Positive am anderen, an einem Sachverhalt, an einer Herausforderung sehen. Natürlich: Man muss auch manchmal den Finger in Wunden legen und  Kritik üben und Widerstand anmelden. Was heute freilich oft fehlt, ist die Hochschätzung des anderen, ein grundsätzliches Wohlwollen für ihn und seine Anliegen und die Achtung seiner Person. Gut (oder nicht schlecht) über andere zu reden ist ein Werk der Barmherzigkeit.

4. Ich gehe ein Stück mit dir. 

Vielen ist mit einem guten Rat allein nicht geholfen. Es bedarf in der komplizierten Welt von heute oft einer Anfangshilfe, gleichsam eines Mitgehens der ersten Schritte. Das Signal dieses Werkes der Barmherzigkeit lautet: „Du schaffst das! Komm, ich helfe dir beim Anfangen!“ Neben sozialer HIlfestellung geht es auch um Menschen, bei denen der Wunsch da ist, Gott zu suchen. Sie brauchen jemanden, der ihnen Rede und Antwort steht und sie ein Stück des  möglichen Glaubensweges begleitet.

5. Ich teile mit dir. 

Es wird auch in Zukunft keine vollkommene Gerechtigkeit auf Erden geben. Es braucht Hilfe für jene, die sich selbst nicht helfen können. Das Teilen von Geld und Gaben, von Möglichkeiten und Chancen ist notwendend. Angesichts der Anonymität vieler in der Stadt, im Dorf, gewinnt der Spruch "Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude!" besondere Aktualität.

6. Ich besuche dich. 

Meine Erfahrung ist: Den anderen in seinem Zuhause aufsuchen ist besser, als darauf warten, dass er zu mir kommt. Der Besuch schafft Gemeinschaft. Er holt den anderen dort ab, wo er sich sicher und stark fühlt. Lassen wir die Besuchskultur nicht abreißen. Gehen wir auf jene zu, die nicht zu uns gehören. Sie gehören Gott, das sollte uns genügen.

7. Ich bete für dich. 

Wer für andere betet, schaut auf sie mit anderen Augen. Er begegnet ihnen anders. Auch Nichtchristen sind dankbar, wenn für sie gebetet wird. Ein Ort in der Stadt, im Dorf, wo regelmäßig und stellvertretend alle Bewohner in das fürbittende Gebet eingeschlossen werden, die Lebenden und die Toten, das ist ein Segen. Sag es als Mutter, als Vater deinem Kind, deinem Enkelkind: Ich bete für dich! Tun wir es füreinander, gerade dort, wo es Spannungen gibt, wo Beziehungen brüchig werden, wo Worte nichts mehr ausrichten. Gottes Barmherzigkeit ist größer als unsere Ratlosigkeit und Trauer.